Nichtreligiöse Menschen weiterhin benachteiligt

Aktualisierte Zwischenbilanz nach vier Jahren: „Gläserne Wände“ verhindern fast unverändert die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Gleichberechtigung und ‑Behandlung in vielen Themenbereichen.

„Der anhal­ten­de Unwil­le der poli­ti­schen Spit­zen auf Bun­des- und Län­der­ebe­ne auf die wach­sen­de Grup­pe der­je­ni­gen zuzu­ge­hen, die sich kei­ner reli­giö­sen Glau­bens­rich­tung ver­bun­den füh­len, legt für uns einen Schluss nahe: Mil­lio­nen Bürger*innen haben welt­an­schau­ungs­po­li­tisch so etwas wie den Sta­tus von per­so­nae non gra­tae, uner­wünsch­ten Per­so­nen.“ – Die­se dras­ti­sche Schluss­fol­ge­rung zie­hen die Autoren des Berichts „Glä­ser­ne Wän­de“ zur Benach­tei­li­gung nicht­re­li­giö­ser Men­schen in Deutsch­land im Vor­wort der neu erschie­ne­nen Auf­la­ge. Der erst­mals 2015 ver­öf­fent­lich­te Bericht liegt seit Mit­te Dezem­ber in aktua­li­sier­ter und ergänz­ter Fas­sung vor, nun ist die Neu­auf­la­ge der viel­be­ach­te­ten Ana­ly­se welt­an­schau­ungs­po­li­ti­scher The­men und vor­han­de­ner Miss­stän­de auch als gedruck­te Bro­schü­re erhältlich.

Für die Neu­auf­la­ge wur­den die zahl­rei­chen im Bericht ent­hal­te­nen Infor­ma­tio­nen über­prüft und auf einen aktu­el­len Stand gebracht. Dabei zeig­te sich unter ande­rem im Bereich der Benach­tei­li­gung auf dem Arbeits­markt, dass einer kon­ti­nu­ier­lich zurück­ge­hen­den kon­fes­sio­nel­len Bin­dung der Bevöl­ke­rung ein beacht­li­ches Wachs­tum der Beschäf­tig­ten­zah­len bei kirch­li­chen Trä­gern gegen­über­steht. Um fast 300.000 Beschäf­tig­te wuchs die­se seit 2012. Auch in ande­ren Berei­chen setzt sich der Auf­wärts­trend fort: Die Zuwen­dun­gen des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Bil­dung und For­schung an die reli­gi­ös gepräg­ten Begab­ten­för­de­rungs­wer­ke sind kräf­tig gestie­gen. Der über­durch­schnitt­lich hohe Anteil nicht­re­li­giö­ser Stu­die­ren­der mit beson­de­ren Talen­ten sucht hin­ge­gen wei­ter­hin ver­ge­bens nach einer huma­nis­tisch pro­fi­lier­ten För­der­mög­lich­keit, die sich finan­zi­ell auf Augen­hö­he zu jener der vier BMBF-finan­zier­ten reli­giö­sen Stu­di­en­wer­ke befindet.

Eben­so wenig auf Augen­hö­he ist noch immer der Bereich der schu­li­schen Wer­te­bil­dung, wo in vie­len Bun­des­län­dern Schüler*innen bzw. deren Eltern wei­ter­hin das Recht auf eine pro­fi­lier­te Alter­na­ti­ve zum Reli­gi­ons­un­ter­richt vor­ent­hal­ten wird. Und auch bei der früh­kind­li­chen Bil­dung suchen Erzie­hungs­be­rech­tig­te ohne kirch­li­che Ori­en­tie­rung in vie­len Regio­nen Deutsch­lands ver­ge­bens nach huma­nis­tisch-päd­ago­gi­schen Alter­na­ti­ven zu den zahl­rei­chen kon­fes­sio­nell gepräg­ten Kindertagesstätten.

Dass ande­re euro­päi­sche Staa­ten in wich­ti­gen The­men­be­rei­chen des Berichts der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land weit vor­aus sind, zeigt ein neu­er Abschnitt des Berichts, in dem eine Aus­wahl zu posi­ti­ven und erprob­ten Bei­spie­len der Gleich­be­hand­lung und Gleich­be­rech­ti­gung vor­ge­stellt wird. Unter ande­rem gibt es in den Nie­der­lan­den seit lan­gem ein brei­tes Ange­bot huma­nis­ti­scher Diens­te, die staat­lich eben­so wie kirch­li­che Diens­te unter­stützt wer­den, sowie zur Qua­li­fi­zie­rung eine eige­ne Hoch­schul­ein­rich­tung. In Nor­we­gen nahm 2019 die ers­te huma­nis­ti­sche Bera­te­rin an der Hoch­schu­le Vol­da ihren Dienst auf, um für Stu­die­ren­de eine den Studierendenpfarrer*innen ver­gleich­ba­re Unter­stüt­zung zu bie­ten. Und in Island wird die dor­ti­ge huma­nis­ti­sche Ver­ei­ni­gung Sid­mennt mitt­ler­wei­le finan­zi­ell eben­so geför­dert wie alle glau­bens­ba­sier­ten Orga­ni­sa­tio­nen im Land – was ansons­ten auch in Nor­we­gen schon seit lan­gem der Fall ist.

Hier kön­nen Sie den Bericht als PDF her­un­ter­la­den oder als gedruck­te Bro­schü­re bestel­len: www.glaeserne-waende.de

Eine kur­ze offi­zi­el­le Vor­stel­lung des neu erschie­ne­nen Berichts wird am 27. Febru­ar in Ber­lin statt­fin­den. Im Rah­men der Eröff­nungs­fei­er des neu­en Haupt­stadt­bü­ros und der Regio­nal­ge­schäfts­stel­le Ost der Huma­nis­ti­schen Ver­ei­ni­gung (HV) wird es dann zudem die Gele­gen­heit geben, mit u. a. den Autoren sowie mit Vertreter*innen des HV-Prä­si­di­ums in das Gespräch zu kommen.

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