Entwurf eines Gesetzes zum assistierten Suizid und zur Suizidpräventionsberatung

Um nach der Unwirksamkeit des früheren § 217 StGB dauerhaft umfassende Rechtssicherheit für Sterbewillige wie auch hilfsbereite Ärzt*innen herzustellen, bedarf es einer eindeutigen Regelung des assistierten Suizids. Dies schließt die gesetzliche Einrichtung einer qualifizierten Suizidpräventionsberatung ein. Anfang April 2020 hat deshalb die Humanistische Vereinigung den folgenden Regelungsvorschlag unterbreitet.


§ 217 StGB – Bei­hil­fe zum Suizid

(1) Wer einer ande­ren Per­son beim Sui­zid hilft oder wer es unter­lässt, sie nach einem Sui­zid­ver­such zu ret­ten, han­delt nicht rechts­wid­rig, wenn der Sui­zid auf einer frei­ver­ant­wort­li­chen und ernst­li­chen, aus­drück­lich erklär­ten oder einer in ver­gleich­ba­rer Wei­se aus den Umstän­den erkenn­ba­ren Ent­schei­dung beruht.

(2) Von einer sol­chen Ent­schei­dung ist ins­be­son­de­re dann aus­zu­ge­hen, wenn die ande­re Per­son nicht län­ger als zwei Mona­te vor dem Sui­zid eine Bera­tung zur Sui­zid­prä­ven­ti­on bei einer aner­kann­ten Bera­tungs­stel­le gemäß § 217a wahr­ge­nom­men hat und die­se im Zuge ihrer Tätig­keit kei­ne Anzei­chen erkannt hat, nach denen die Maß­ga­ben nach (1) nicht erfüllt sind.

(3) Von einer sol­chen Ent­schei­dung ist ins­be­son­de­re nicht auszugehen,

wenn die ande­re Per­son noch nicht 18 Jah­re alt ist oder ihre freie Wil­lens­be­stim­mung ent­spre­chend den §§ 20, 21 StGB beein­träch­tigt ist oder
wenn begrün­det anzu­neh­men ist, dass die ande­re Per­son von einer Ent­schei­dung zum Sui­zid abge­se­hen hät­te, wenn sie nicht dies­be­züg­lich durch Drit­te beein­flusst wor­den wäre, oder wenn sie von alter­na­ti­ven Optio­nen zur Hil­fe oder Leid­min­de­rung Kennt­nis erhal­ten hätte.
(4) Absatz 1 gilt auch für Per­so­nen in einer Garantenstellung.

(5) Nie­mand kann ver­pflich­tet wer­den, Sui­zid­hil­fe zu leisten.

§ 217a StGB – Bera­tung bei Wunsch nach einem assis­tier­ten Suizid

(1) Die Bera­tung dient der Sui­zid­prä­ven­ti­on. Im Rah­men der Bera­tung wird die Frei­ver­ant­wort­lich­keit der Ent­schei­dung der ster­be­wil­li­gen Per­son geprüft. Die Bera­tung hat in dem Bemü­hen zu erfol­gen, dem Bera­tungs­emp­fän­ger oder der Bera­tungs­emp­fän­ge­rin zu hel­fen, eine ver­ant­wort­li­che und gewis­sen­haf­te Ent­schei­dung zu tref­fen. Dabei ist der Wil­le der bera­te­nen Per­son im Rah­men ihrer Ent­schei­dungs­au­to­no­mie zur Gel­tung zu bringen.

(2) Die Bera­tung hat durch eine aner­kann­te Bera­tungs­stel­le zur Sui­zid­prä­ven­ti­on zu erfol­gen. Die Bera­tungs­stel­le hat der bera­te­nen Per­son nach Abschluss der Bera­tung hier­über eine mit dem Datum des Bera­tungs­ge­sprächs oder der Bera­tungs­ge­sprä­che und dem Namen des Bera­tungs­emp­fän­gers oder der Bera­tungs­emp­fän­ge­rin ver­se­he­ne Beschei­ni­gung aus­zu­stel­len. Der Arzt oder die Ärz­tin, der oder die die Sui­zid­hil­fe vor­nimmt, ist als bera­ten­de Per­son ausgeschlossen.


Mit dem Gesetz­ent­wurf unter­strei­chen wir, dass die Selbst­be­stim­mung und Auto­no­mie von Ster­be­wil­li­gen für uns einen hohen Stel­len­wert haben. Uns geht es aber auch dar­um sicher­zu­stel­len, dass kein Miss­brauch statt­fin­den kann. Dies ist eine ganz wich­ti­ge Fra­ge: Ist tat­säch­lich eine freie Ent­schei­dung, so frei wie sie unter den Umstän­den eben sein kann, erfolgt?

Das sag­te HV-Vor­stand Micha­el Bau­er, zer­ti­fi­zier­ter Bera­ter für Ethik in der Medi­zin, zum Gesetz­ent­wurf. Men­schen in exis­ten­zi­el­len Pro­blem­la­gen, wie sie vor­lie­gen, wenn jemand über einen Sui­zid nach­denkt, soll­ten qua­li­fi­zier­te Hil­fe erhal­ten, die einer mög­li­chen Sui­zid­as­sis­tenz vor­greift. Bera­tungs­per­sön­lich­kei­ten müss­ten ihrer Tätig­keit mit einem sehr hohen Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein nach­ge­hen und nicht allein aus dem medi­zi­ni­schen Bereich kom­men, beton­te Bau­er. Auch Psycholog*innen, Ethikberater*innen und Sozialarbeiter*innen soll­ten ihre Fähig­kei­ten in die Bera­tun­gen ein­brin­gen können.

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