HV-Vorstand warnt Europarat vor Privilegierung religiöser Ansprüche

Am 29. Januar wird im Europarat über eine Resolution zum Schutz der Religions- und Glaubensfreiheit am Arbeitsplatz abgestimmt. Der Resolutionsentwurf beinhaltet jedoch Fallstricke für den Grundsatz des gleichen Rechts für alle.

In einem Schrei­ben an Mit­glie­der der deut­schen Dele­ga­ti­on in der Par­la­men­ta­ri­schen Ver­samm­lung des Euro­pa­ra­tes hat der HV-Vor­stand und Vize­prä­si­dent der Euro­päi­schen Huma­nis­ti­schen Föde­ra­ti­on Micha­el Bau­er dazu auf­ge­ru­fen, die Prin­zi­pi­en ech­ter Nicht-Dis­kri­mi­nie­rung zu ver­tei­di­gen und den Grund­satz des glei­chen Rechts für alle zu garan­tie­ren. Anlass ist eine bevor­ste­hen­de Abstim­mung über einen Reso­lu­ti­ons­ent­wurf und eine Emp­feh­lung mit dem Titel „The pro­tec­tion of free­dom of reli­gi­on or belief in the work­place“ wäh­rend der kom­men­den Ple­nar­sit­zung in Straßburg.

Im aktu­el­len Reso­lu­ti­ons­ent­wurf sind Vor­schlä­ge ent­hal­ten, die einen Teil andau­ern­der Ver­su­che von kon­ser­va­ti­ven Abge­ord­ne­ten dar­stel­len, die Idee der „reasonable accom­mo­da­ti­on” (zu Deutsch: „ange­mes­se­ne  Vor­keh­run­gen“) zu ver­brei­ten und sie in den Mit­glieds­staa­ten zu eta­blie­ren, obwohl die­ses Kon­zept in kei­nem von ihnen aner­kannt ist. Unter dem Vor­wand, Dis­kri­mi­nie­rung zu bekämp­fen, wird mit dem Kon­zept der „reasonable accom­mo­da­ti­on“ ange­strebt, Ansprü­che zu pri­vi­le­gie­ren, die auf reli­giö­sen Argu­men­ten beru­hen. Dadurch wird die Gleich­heit aller Bürger*innen gefähr­det und die Grund­rech­te und die Frei­heit ande­rer ein­ge­schränkt, warn­te Micha­el Bau­er im Schrei­ben an die Delegierten.

Eine das Schrei­ben beglei­ten­de Stel­lung­nah­me der Euro­päi­schen Huma­nis­ti­schen Föde­ra­ti­on (EHF) zum Reso­lu­ti­ons­ent­wurf erklärt ein­ge­hen­der, wes­halb die pro­ble­ma­ti­schen Pas­sa­gen eine Hin­ter­tür zur Pri­vi­le­gie­rung reli­gi­ös begrün­de­ter Ansprü­che öff­nen. So ist das Kon­zept der „reasonable acco­mo­da­ti­on“ bis­her ein­zig und allein aus der UN-Kon­ven­ti­on über die Rech­te von Men­schen mit Behin­de­run­gen und den EU-Rege­lun­gen zur Imple­men­tie­rung die­ser Kon­ven­ti­on bekannt. Dort sind „ange­mes­se­ne  Vor­keh­run­gen“ defi­niert als „not­wen­di­ge und geeig­ne­te Ände­run­gen und Anpas­sun­gen, die kei­ne unver­hält­nis­mä­ßi­ge oder unbil­li­ge Belas­tung dar­stel­len und die, wenn sie in einem bestimm­ten Fall erfor­der­lich sind, vor­ge­nom­men wer­den, um zu gewähr­leis­ten, dass Men­schen mit Behin­de­run­gen gleich­be­rech­tigt mit ande­ren alle Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten genie­ßen oder aus­üben können“.

Im Reso­lu­ti­ons­ent­wurf zum Schutz der Reli­gi­ons- und Glau­bens­frei­heit am Arbeits­platz wird ver­sucht, die­ses Kon­zept dort­hin zu über­tra­gen und es ana­log als Teil der Reli­gi­ons- und Glau­bens­frei­heit anwend­bar zu machen. Davon rät die EHF-Stel­lung­nah­me drin­gend ab, da eine ana­lo­ge Anwen­dung ein­deu­tig unan­ge­mes­sen wäre. „Per­so­nen, die Ansprü­che unter Beru­fung auf die Reli­gi­ons- und Glau­bens­frei­heit erhe­ben, sind ein­deu­tig in einer ande­ren Situa­ti­on als jene, in der sich Per­so­nen mit Behin­de­run­gen befin­den“, stellt die EHF hier­zu fest. Die Stel­lung­nah­me ruft daher dazu auf, die ent­spre­chen­den Pas­sa­gen zu strei­chen bzw. durch sinn­vol­le­re For­mu­lie­run­gen zu ersetzen.

„Wenn Argu­men­ten, die mit reli­giö­ser Pra­xis begrün­det wer­den, ein grö­ße­res Gewicht gege­ben wird, kön­nen ins­be­son­de­re die sexu­el­len und repro­duk­ti­ven Rech­te von Frau­en und die Rech­te von LGBTI ver­letzt wer­den. Reli­gi­ös begrün­de­te Argu­men­te wer­den oft dazu benutzt, die Ver­wei­ge­rung lega­ler Dienst­leis­tun­gen für repro­duk­ti­ve Gesund­heit zu recht­fer­ti­gen oder LGBTI zu dis­kri­mi­nie­ren. Die in der Ver­samm­lung zur Abstim­mung ste­hen­den Schrift­stü­cke sind weit davon ent­fernt, die Anwen­dung des Grund­sat­zes glei­cher Rech­te für alle Men­schen zu ver­bes­sern, und sie sind im Gegen­teil dazu viel­mehr geeig­net, die Rech­te beson­ders gefähr­de­ter Per­so­nen­grup­pen in unse­rer Gesell­schaft zu gefähr­den. Zusam­men mit der Euro­päi­schen Huma­nis­ti­schen Föde­ra­ti­on sind wir über­zeugt davon, dass es von ent­schei­den­der Bedeu­tung ist, sich die­sen Ver­su­chen ent­ge­gen­zu­stel­len. Wir bestehen auf der Ver­tei­di­gung ech­ter Nicht-Dis­kri­mi­nie­rung und der Garan­tie glei­cher Rech­te für alle“, beton­te Bau­er daher abschließend.

Quel­le: humanistische-vereinigung.de

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